Die meisten Monster lauern im Schatten, doch Freddy Krueger schlägt in der Traumwelt zu: Wes Craven erschuf mit ihm nicht nur eine der berühmtesten Figuren des Horrorkinos, sondern prägte das Slasher-Genre nachhaltig. Mit seinem verbrannten Gesicht, dem rot-grünen Pullover und der Klingenhand wurde Freddy zur Albtraumgestalt einer Horrorgeneration. Das Perfide an seinem Schrecken: Er lässt keinen sicheren Ort mehr zu – selbst der Schlaf kann tödlich sein.
Inzwischen umfasst die Reihe zahlreiche Filme, ein Crossover, ein Remake, eine Serie und mehrere Dokus. Hier der chronologische Überblick über das gesamte „Elm Street“-Universum – inklusive Einordnungen und Tipps, welche Titel sich besonders lohnen.
Nightmare – Mörderische Träume (Film, 1984)
Wes Cravens Nightmare-Original ist bis heute ein Meilenstein des Horrorkinos. Der Film stellt Nancy (Heather Langenkamp) in den Mittelpunkt, die erkennt, dass Freddy Krueger (Robert Englund) Teenager in ihren Träumen ermordet. Das Besondere ist die Idee, die unheilvolle Verschmelzung von Traum- und Realwelt: Jeder Schlaf wird zur Falle.
Die Atmosphäre ist intensiv, die Effekte – für die Zeit innovativ – verstärken das Albtraumhafte. Neben Heather Langenkamp ist auch Johnny Depp in einer frühen Rolle zu sehen. Nightmare - Mörderische Träume begründete nicht nur eine langlebige Reihe, sondern auch eine neue Form des Horrors: den psychologischen Slasher, in dem Fantasie selbst tödlich werden kann.
Nightmare II – Die Rache (Film, 1985)
Die Fortsetzung von Regisseur Jack Sholder schlug einen anderen Ton an. Jesse (Mark Patton) wird von Freddy heimgesucht, der seinen Körper übernehmen will, um in der realen Welt morden zu können. Nightmare II wurde, anders als sein Vorgänger, zunächst mit einer gewissen Enttäuschung vom Publikum aufgenommen, weil er sich stärker auf psychologische Spannungen konzentriert als auf klassische Slasher-Elemente.
Genau das aber macht die Fortsetzung gleichsam so interessant: Später wurde der Film neu gelesen, und gilt inzwischen als ein Stück queere Filmgeschichte. Das liegt vor allem am reichhaltigen Subtext um Körper, Identität und Verdrängung. Die Dokumentation Scream, Queen! (2019) beleuchtet diesen Aspekt und hebt die Bedeutung von Nightmare II für die LGBTQ+-Community hervor.
Nightmare 3 – Freddy Krueger lebt (Film, 1987)
Mit dem dritten Teil kehrte Wes Craven als Drehbuchautor zurück – und das spürt man. Die Handlung verlagert sich in eine psychiatrische Klinik, in der eine Gruppe von Teenagern unter ärztlicher Aufsicht lebt. Gemeinsam lernen sie, Freddy in ihren Träumen entgegenzutreten. Auch Nancy (Heather Langenkamp) ist dabei wieder mit von der Partie, diesmal als Mentorin. Laurence Fishburne ergänzt das Ensemble in einer Nebenrolle.
Nightmare 3 gilt – zurecht – als einer der besten der Reihe: Der Film ist visuell einfallsreich, überzeugt mit einem stärkerem Fokus auf Figurenzeichnung und einer packenden Gruppen-Dynamik. Zudem wird hier erstmals die Idee stärker herausgefordert, dass die Traumwelt ein Ort des Widerstands sein kann – ein Gedanke, der das Franchise dann lange begleitete.
Nightmare on Elm Street 4 (Film, 1988)
In der dritten Fortsetzung setzt Freddy seine Jagd fort, diesmal gegen Alice (Lisa Wilcox), die eine besondere Fähigkeit entwickelt: Sie kann die Kräfte ihrer verstorbenen Freunde übernehmen. Allerdings legt Nightmare on Elm Street 4 den Fokus weniger auf die Handlung als auf spektakuläre Effekte und surreal gestaltete Traumsequenzen, die teilweise wie eigene Kurzfilme wirken.
Anders ausgedrückt: Regisseur Renny Harlin brachte zwar viele visuelle Ideen ein, schafft daraus aber nicht mehr als beklemmendes Effektkino. Damit gilt der vierte Teil als einer der “unterhaltsamsten” der Reihe. Er festigte Freddy weiter als popkulturelle Ikone iund übersetzt die Albtraumlogik in besonders grelle, fast groteske Bilder.
Freddy’s Nightmares (TV-Serie, 1988–1990)
Freddy’s Nightmares brachte Freddy im Rahmen einer Anthologie-Serie über zwei Staffeln lang ins Fernsehen: Robert Englund übernahm erneut die Titelrolle und fungierte als eine Art Moderator - vergleichbar mit dem “Crypt Kepper” in Geschichten aus der Gruft.
Jede Episode dreht sich um eine eigene Horrorgeschichte, manche davon nehmen direkten Bezug zur Elm Street. Die Serie arbeitete (sichtlich) mit einem begrenzten Budget, auch auf erzählerischer Ebene blieb Freddy’s Nightmares eher konventionell. Dennoch genießt sie heute einen gewissen Kultstatus – nicht zuletzt, weil sie Teil einer Formatwelle war, die Horror in den späten 1980ern im abendlichen TV-Programm etablierte.
Nightmare on Elm Street 5 – Das Trauma (Film, 1989)
Im fünften Teil der Filmreihe kehrt Alice zurück, doch nun ist sie schwanger – und Freddy versucht, sich über das ungeborene Kind erneut in die Welt zu schleichen. Die Handlung ist düsterer, surrealer, mit deutlichen Body-Horror-Elementen. Regisseur Stephen Hopkins experimentierte mit stilisierten Bildern und bedrückender Symbolik.
Nightmare on Elm Street 5 war wohl ein Versuch, die Reihe mit tieferen Themen – Mutterschaft, Trauma, das Erbe von Gewalt – zu verbinden. Doch so interessant dieser Ansatz auf dem Papier auch klingen mag: Leider wirkt das Ganze letztlich überladen, und bleibt ohne klar erkennbaren roten Faden.
Freddy’s Finale – Nightmare on Elm Street 6 (Film, 1991)
Eigentlich wurde der sechste Freddy-Film als „letztes Kapitel“ beworben – dabei blieb es bekanntlich nicht, allerdings erklärt das die andere Herangehensweise. Der Ursprung des Bösewichts steht stärker im Fokus. Aber auch der Ton ist ein anderer: Neben den Horror tritt verstärkt schwarzer Humor.
Manche Szenen wirken gar wie eine Parodie: Neben Johnny Depp hat auch Alice Cooper einen Gastauftritt, 3D-Squenzen kommen als (damals neues) Gimmick zum Einsatz und so wirkt Freddy’s Finale wie ein Showspektakel als ein Finale, das seinen Helden mit erzählerischer Substanz verabschieden will.
Freddy’s New Nightmare (Film, 1994)
Auch dieser Titel ist irreführend: Was nach einem Neustart klingt, wurde letztlich zum Abschluss der originalen Nightmare-Reihe. Wes Craven kehrte zurück und setzte eine Meta-Idee um. Die Schauspieler des Originalfilms spielen sich selbst, darunter Heather Langenkamp und Robert Englund. Die Prämisse: Freddy bricht in die reale Welt ein, weil die Filme ihn „am Leben“ halten.
Das Resultat ist ein experimenteller und selbstreflexiver Horror, der den Film und seine Bedeutung in der Realität effektvoll miteinander verschwimmen lässt. Wes Craven antizipierte mit Freddy’s New Nightmare bereits den Meta-Horror, den er zwei Jahre später mit Scream weiter auf die Spitze treiben sollte.
Freddy vs. Jason (Crossover-Film, 2003)
Mehr Event als klassischer Horrorfilm – und vor allem mehr Spektakel als wirklicher „Kanon“: Freddy vs. Jason erfüllte als lang erwartetes Crossover mit Freitag, der 13. einen Publikumswunsch: Freddy Krueger trifft auf Jason Voorhees. Ersterer manipuliert Letzteren, um zurück in die Albträume zu gelangen – bis sich beide gegen Ende in einem brutalen Duell bekämpfen.
Regisseur Ronny Yu setzt stark auf Action und Fan-Service, was den Film weniger gruselig und in seinen Wendungen noch ein wenig abstruser als seine Vorgänger macht. Zumindest für hartgesottene Fans ist das Crossover allerdings spaßiger „Guilty Pleasure“.
A Nightmare on Elm Street (Remake, 2010)
Wirklich lange verschwand Freddy aber selbst nach dem Crossover nicht von der Bildfläche: Das Remake von Samuel Bayer versuchte, die Originalgeschichte in ein modernes Gewand zu kleiden. Jackie Earle Haley übernahm die Rolle des Freddy, mit einer realistischer aussehenden, damit noch gruseligen Maske.
Die Figurenkonstellation ähnelt dem ersten Film, doch der Ton ist kälter und weniger verspielt, die Atmosphäre besonders düster. Abseits des Visuellen ist das Remake aber mehr Kopie als eine ideenreiche Wiederbelebung. Trotz ordentlicher Kinozahlen konnte er nicht an den Mythos des Originals anknüpfen und blieb ein Einzelversuch.
Never Sleep Again: The Elm Street Legacy (2010)
Im selben Jahr erschien allerdings auch eine monumentale, fast vierstündige Dokumentation, die man getrost als „Standardwerk“ über das gesamte Franchise betrachten kann: Regisseurin Danielle Harris und ihr Team beleuchten minutiös jeden Film, angefangen bei Cravens Original von 1984 bis hin zu den späteren Fortsetzungen.
Neben Interviews mit Schauspielern wie Heather Langenkamp, Robert Englund und Wes Craven selbst kommen auch Drehbuchautoren, Effektkünstler und Produzenten zu Wort. Besonders wertvoll sind die vielen Anekdoten vom Set, die den Entstehungsprozess der Filme greifbar machen und verdeutlichen, wie viel Leidenschaft – und manchmal auch Chaos – in der Reihe steckte. Never Sleep Again ist detailreich, emotional und zumindest für langjährige Fans der Reihe wohl absolut sehenswert.
Scream, Queen! My Nightmare on Elm Street (2019)
Die Dokumentation Scream, Queen! richtet den Fokus wiederum auf einen lange unterschätzten Teil der Reihe: Nightmare II – Die Rache (1985). Im Zentrum steht Hauptdarsteller Mark Patton, der nach dem Film mit einer Art „queerem Subtext-Skandal“ konfrontiert wurde. Die Doku zeigt, wie Patton unter homophoben Strukturen in Hollywood litt und wie der Film, der einst seine Karriere zerstörte, später zur queeren Ikone avancierte.
Neben seiner persönlichen Geschichte geht es auch um die Rezeption des Horrorfilms innerhalb der LGBTQ+-Community und um die Frage, wie das Genrekino – mitunter unbewusst – gesellschaftliche Botschaften transportiert. Das Ergebnis ist bewegend, politisch und filmhistorisch gleichermaßen erhellend.
Hollywood Dreams & Nightmares: The Robert Englund Story (2022)
Und schließlich: Eine Dokumentation, die sich ganz dem Mann hinter Freddy Krueger widmet: Robert Englund. In ausführlichen Interviews blickt er zurück auf seine Karriere, die mit klassischen Theaterrollen begann und im Horrorgenre zu internationalem Ruhm führte. Der Film geht nicht nur auf die Entstehung und Wirkung seiner ikonischen Rolle in Nightmare on Elm Street ein, sondern beleuchtet auch andere Stationen, etwa seine Arbeit in B-Movies und im Fernsehen.
Zeitzeugen, Kollegen und Fans ordnen seine Bedeutung ein. Das Porträt zeigt Englund als vielseitigen Schauspieler, reflektierten Künstler und humorvollen Erzähler, der mehr ist als die Maske, die ihn weltberühmt machte.






























































































































































































































