Wednesday Addams ist nicht nur eine der faszinierendsten Figuren der Popkultur, sondern auch eine der langlebigsten. Ihr Name geht zurück auf eine Zeile aus einem Kinderreim („Wednesday’s child is full of woe“) – und tatsächlich war die Welt für sie noch nie ein Ort des Glücks und der unbeschwerten Freude.
Wednesday liebt das Düstere, das Groteske und das Makabre, tritt betont kalt und kalkuliert auf, und beherrscht den zynischen Wortwitz wie kaum eine andere. Doch die Ikone des Andersseins hat in ihrem über 60 Jahre währendem Film- und Serien-Dasein immer wieder Veränderungen durchlebt.
Zwischen Goth-Girl, Nachwuchsintellektueller und finsterer Antiheldin: In unserem Ranking werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Wednesday-Versionen im Laufe der Zeit.
6. Debi Derryberry in "The Addams Family" (Animationsserie, 1992-1993)
Die zweite Animationsserie der Addams Family richtet sich eindeutig an ein jüngeres Publikum – und genau das ist das Problem. Wednesday (gesprochen von Debi Derryberry) ist zwar mit von der Partie, aber ihr Charakter ist im Vergleich zu vielen früheren und späteren Versionen geglättet, gerade seine finsteren Facetten stark heruntergedimmt.
Dunkle Gedanken gibt es kaum, sinistre Taten sind nicht zu sehen. Ihre pessimistische Weltsicht und ihr schneidender Humor kaum vorhanden. Sogar das Outfit ist ein anderes: Statt dem typischen Schwarz trägt Wednesday ein dunkelblaues Kleid, knallrote Strümpfe – und wirkt mitunter beinahe fröhlich. Was bleibt, ist ein gut gemeinter Schatten: Für Kinder nett, für Fans der Originalfigur leider zu harmlos.
5. Chloë Grace Moretz / Luisa Wietzorek in "Die Addams Family" (2019) & "Die Addams Family 2" (2021)
Die animierten Kinofilme übersetzten die Addams Family ins digitale Zeitalter und in eher klassische „Coming of Age“-Kontexte. Inklusive Schulproblemen, Identitätsfragen und Familienstreitereien. Wednesday probiert sich darin an einem „normalem“ Leben, experimentiert sogar mit Farben, findet eine „Normie“-Freundin und rebelliert gegen ihre Mutter.
Die Originalsprecherin Chloë Grace Moretz verleiht Wednesday einen ruhigen, kontrollierten Ton. In der deutschen Synchronfassung von Die Addams Family und Die Addams Family 2 akzentuiert Luisa Wietzorek diese stoische Lakonie sogar noch überzeugender. Doch so charmant das Voice Acting auch ist: Die Figur selbst wirkt fast gewöhnlich. Wednesdays innere Konflikte bleiben eher oberflächlich. Was bleibt: Eine sympathische, aber letztlich zu gezügelte Wednesday.
4. Nicole Fugere – "Die Addams Family und die lieben Verwandten" (1998) & "Die neue Addams Familie" (1998–1999)
Nicole Fugere ist die einzige Schauspielerin, die Wednesday sowohl in einem Film als auch in einer Serie verkörperte. Und das im Hinblick auf die Tatsache, dass nur wenige Jahre zuvor die Wednesday-Darbietung von Christina Ricci schnell Kultstatus erreichte, überraschend überzeugend. Ihre Wednesday agiert kühl, spricht monoton und ist mit einem skurrilen Faible für Folterinstrumente ausgestattet.Besonders Nicole Fugeres stark reduzierte Körpersprache ist eine Leistung für sich: Kaum Mimik, mit noch weniger erkennbarem Mitgefühl, dafür umso mehr aufblitzende sadistische Neugier. Doch leider lassen sowohl der TV-Film als auch die Serienumsetzung an gesellschaftskritischer Schärfe und Originalität vermissen. Anders ausgedrückt: Fugeres macht ihre Sache gut – aber das Material, das ihr zur Verfügung steht, lässt ihre Wednesday nicht über den Status einer soliden Interpretation hinauswachsen.
3. Jenna Ortega – "Wednesday" (seit 2022)
Mit Netflix' Wednesday bekommt die düstere Tochter endlich ihre eigene Bühne – und trotzdem bleibt die Figur zunächst erstaunlich eingehegt. Der Plot der ersten Staffel wirkt bisweilen wie ein trendorientierter Genrespagat zwischen Highschool-Drama, Teenie-Romanze und „Whodunit“-Krimi, der die eigentliche Essenz von Wednesday oft untergräbt.Jenna Ortega jedoch rettet, was zu retten ist: Ihr Spiel ist körperlich kontrolliert und präzise, mit einem Hauch von Verachtung für alles Normale in der Mimik. Sie verleiht der Figur eine düstere Gravitas, die den Plot oft überstrahlt. Und: Zumindest im ersten Teil der zweiten Staffel darf Wednesday endlich wieder rebellischer werden – ein Zeichen, dass unter der glatt produzierten Oberfläche womöglich noch echtes Potenzial schlummert.
2. Lisa Loring – "The Addams Family" (Live-Action-Serie, 1964–1966)
Die Ur-Wednesday war gerade einmal sechs Jahre alt – und bereits damals mehr als nur die brave Tochter. Lisa Loring spielt Wednesday in der ersten Addams-Serie als erstaunlich höfliches Kind mit Hang zum Makabren, das ihrer kopflosen Puppe „Marie Antoinette“ gerne Geschichten erzählt und beinahe beiläufig mit dunklen Ideen hantiert.
Lisa Loring prägte mit dieser Rolle den Prototyp aller folgenden Wednesdays: Der mit kindlicher Stimme vorgebrachte Wortwitz, die morbide Neugier und der Spaß am Skurrilen. Zwar steht sie in der Originalserie noch nicht im Zentrum, doch ihr Einfluss ist nicht zu unterschätzen. Selbst der TikTok-Tanz aus der Netflix-Serie Wednesday nimmt augenzwinkernd Bezug auf eine Szene der ersten „Addams Family“-Sitcom. Kurzum: Eine Pionierin mit Stil.
1. Christina Ricci – "Die Addams Family" (1991) & "Die Addams Family in verrückter Tradition" (1993)
Christina Ricci hat Wednesday nicht neu erfunden, sondern vollendet – und machte sie zu einer Ikone der Neunziger. Ihr bitterböser Witz, ihre unverrückbare Haltung und die Mischung aus kindlicher Kälte und überlegener Intelligenz verleihen der Figur eine Tiefe, die sich nicht in hintergründigen Gags erschöpft.
Unvergessen: Wednesday Sommercamp-Rede im zweiten Kinofilm, Die Addams Family in verrückter Tradition. Während alle anderen Kinder sich fromm geben und brav Thanksgiving feiern, seziert sie genüsslich die Geschichte hinter dem Feiertag und den US-Kolonialismus. Das heißt auch: Christina Riccis Wednesday war nicht nur gegen alles – sondern trat für kritisches Denken und subversive Eigenwilligkeit ein. Und das macht sie unvergesslich.