Pumuckl gehört zu den langlebigsten Figuren des deutschen Kinderfernsehens.
Dass ausgerechnet der kleine Kobold mit den feuerroten Haaren den Sprung von der Hörspielfigur der analogen 1960er Jahre bis in das Streaming-Zeitalter geschafft hat, liegt dabei wohl weniger an Nostalgie als an seinem zeitlosen Wesenskern: an einer eigensinnigen Haltung, die sich gegen stumpfe Routine genauso wie gegen Autorität stemmt. Pumuckl widerspricht, fragt nach, zweifelt – und durchkreuzt so jenen Gehorsam, den die Welt gern von den Kleinsten erwartet.
Die folgende Liste blickt auf die unterschiedlichen Etappen dieser Figur: Auf die Wärme der Werkstatt, die Abenteuer außerhalb der Hinterhofswelt des Münchner Stadtteils Lehel – und auf das, was an Pumuckl zeitlos bleibt.
1. Meister Eder und sein Pumuckl (Serie, 1982–1988)
Die erste TV-Adaption der Pumuckl-Hörspiele ist bis heute das Herzstück des Pumuckl-Kosmos – und vermutlich immer noch die souveränste Form, in der die Figur je erzählt wurde. In der Schreinerwerkstatt im Münchner Lehel, einem überschaubaren Mikrokosmos aus Handwerk und kauzigen Nachbarn, entfalten sich Komik und Dramen des Alltags in kleinen, präzisen Beobachtungen: Pumuckl treibt seinen Schabernack, sorgt (oft unfreiwillig) für Chaos und bringt dabei ebenso seinen Meister Eder wie wiederkehrende Figuren, etwa die abergläubische Putzfrau Frau Eichinger, an den Rande des Nervenzusammenbruchs. Allerdings steckt hinter jedem Unsinn stets ein zarter Gedanke über Vertrauen, Verantwortung und die Kunst des Zusammenlebens.
Die Serie lebt von der Dynamik zwischen dem gutmütigen Meister Eder, gespielt von Gustl Bayrhammer und einem Pumuckl (gesprochen von Hans Clarin), der mit anarchischer Freude jede Ordnung sprengt. Niemals als pädagogischer Fingerzeig, bisweilen aber sogar als Einladung zum Nachdenken über Routinen und festgefahrene Strukturen. Ein Klassiker, der nicht in Nostalgie versinkt, sondern zeitlos bleibt.
2. Meister Eder und sein Pumuckl (Kinofilm, 1982)
Dieser erste Kinofilm nimmt eine besondere Stellung im Pumuckl-Kanon ein: Er besteht im Kern aus den ersten vier Episoden der damals parallel produzierten Fernsehserie – Spuk in der Werkstatt, Das verkaufte Bett, Das Schlossgespenst und Das Spanferkelessen. Allerdings wurde vieles neu und doppelt gedreht: Nebenrollen anders besetzt, Szenen neu arrangiert, die musikalische Gestaltung überarbeitet. Selbst die Animation unterscheidet sich in Details – etwa in der Sequenz, in der Pumuckl erstmals sichtbar wird und Meister Eder erklärt, dass er für immer bei jenem bleiben muss, der ihn einmal gesehen hat.
3. Pumuckl und der Blaue Klabauter (Kinofilm, 1994)
Hier wird der Mythos größer gedacht: Der Blaue Klabauter bringt erstmals die Herkunft Pumuckls dramatisch ins Spiel – samt Familiengeschichte, Seefahrtsmythos und der titelgebenden Figur, die ihm ein anderes Leben anbietet. Visuell ambitionierter und erzählerisch großformatiger, setzt der Film stärker auf ein weites Abenteuer als auf kleine Beobachtungen. Manche Effekte wirken heute angestaubt, aber narrativ gewinnt der Film an Tiefe, indem er erstmals die Frage stellt, ob Pumuckl eigentlich bleiben will – oder bleiben muss.
Besonders stark sind die Sequenzen an Bord des Schiffes, in denen Pumuckls Identität durch die Verlockungen des Blauen Klabauters und sein Beschwören der “Koboldsgesetze” ins Wanken gerät. Geradezu rührend ist wiederum, wie der Film den Zwiespalt des kleinen Wesens darstellt, der natürlich auch die Bindung zu Meister Eder nicht aufgeben möchte. Ein ungewöhnlicher, emotionaler Höhepunkt der Reihe.
4. Pumuckls Abenteuer (Serie, 1999)
Die kurzlebige Serie versuchte, den Faden von Pumuckl und der Blaue Klabauter aufzunehmen – und führt den Kobold aufs Schiff zurück, diesmal an der Seite des Schiffskochs Odessi (Towje Kleiner). Erzählerisch wirkt dieser Neustart wie ein bewusster Bruch mit der Lehel-Werkstatt: Statt der vertrauten Hinterhofswelt eröffnet sich eine episodische Reise entlang fremder Küsten und Häfen. Tatsächlich aber war dies ein Versuch, die Geschichte des Pumuckl ohne seinen Meister Eder fortzusetzen, nachdem dessen Schauspieler Gustl Bayrhammer gestorben ist.
Doch auch der Kern des Kobolds selbst entfernt sich in Pumuckls Abenteuer merklich vom ursprünglichen Konzept: Aus dem eigensinnigen Störenfried wird häufiger ein neugieriger, beinahe pflichtbewusster Gefährte. Seine anarchische Reibung, einst komisches Fundament, wird zugunsten eines milderen Tonfalls abgeschwächt. Visuell ambitioniert bleibt die Serie ein interessantes, aber letztlich uneinheitliches Experiment.
5. Pumuckl und sein Zirkusabenteuer (Kinofilm, 2002)
Pumuckl kehrt nach München zurück – doch die Werkstatt gehört nicht mehr Meister Eder, da dieser zwischenzeitlich (nun auch in der Erzählwelt) verstorben ist. Nun gehört sie dessen Cousin Ferdinand (Hans Clarin nun vor der Kamera), der den Kobold zunächst für eine Halluzination hält. Doch nach dem ersten Schreck entsteht langsam Vertrauen. Als zwei Zauberkünstler Pumuckls Existenz entdecken, entführen sie ihn kurzerhand: Eine echte magische Sensation, perfekt für die Manege, glauben sie. Doch ihre Pläne stehen im krassen Gegensatz zu Pumuckls Freiheitsdrang – denn der lässt sich ungern instrumentalisieren.
Die Zirkuswelt wird zur Falle, aber auch zur Bühne für seine anarchischen Streiche, die das gesamte Unternehmen aus den Fugen geraten lassen. Dramaturgisch ist Pumuckl und sein Zirkusabenteuer weniger präzise als die Serie, und auch die Darstellung des Kobolds selbst ist noch zu weit von dem entfernt, was seinen eigentlichen Charme ausmacht.
6. Neue Geschichten vom Pumuckl (Serie, seit 2023)
Mit der Neuauflage der Serie gelang der Neustart dann allerdings mit Bravour: Die Neuen Geschichten vom Pumuckl sind weit mehr als ein nostalgisches Wiederaufkochen. Florian Brückner spielt den Neffen des alten Schreinermeisters als sanft exzentrischen Einzelgänger, der versucht, den Geist der Werkstatt in eine neue Zeit hinüberzuretten: Mit einer (scheinbar) bewussten Verweigerung gegenüber dem digitalen Rauschen der Gegenwart. Auch im 21. Jahrhundert kommt die (rekonstruierte) Hinterholfwelt ohne Smartphone aus – stattdessen setzt der bayrische Kultregisseur Marcus H. Rosenmüller auf die alte, charmante Langsamkeit samt besagter genauer Alltagsbeobachtungen.
Die Episoden greifen dabei vertraute Themen neu auf: Pumuckl spielt wieder seine Streiche und richtet dabei allerhand Chaos an. Besonders gelungen sind jene Folgen, die beinah weise geraten sind: Der Tod des ursprünglichen Meister Eder wird nicht ausgespart, sondern offen thematisiert. Kindergerecht, aber ohne falsche Furcht vor der Ernsthaftigkeit der Thematik. So bewahrt die Serie jene rare Mischung aus Humor, Wärme und einer bisweilen leisen Melancholie – ein Ton, der erstaunlich gut ins Heute passt.
7. Pumuckl und das große Missverständnis (Kinofilm, 2025)
Der vierte Kinofilm funktioniert etwas wie Pumuckl und der blaue Klabauter, und erzählt doch eine ganz eigene Geschichte. Auch hier lassen Pumuckl und (der neue) Meister Eder die Werkstatt hinter sich und brechen in ein Abenteuer jenseits des Münchner Lehels auf. Florian Eder (weiterhin Florian Brückner) wird in die Berge eingeladen, um an seiner ehemaligen Ausbildungsstätte ein altes Maibaum-Karussell zu reparieren. Der kleine Kobold langweilt sich dabei und bringt – wie so oft, eigentlich mit allerbesten Absichten handelnd – reichlich Chaos in das Dorf und seinen Ziehvater in Erklärungsnot. Darüber kommt es zum Streit zwischen den beiden, und erneut stellt sich für Pumuckl die Frage, wo er eigentlich hingehört.
Pumuckl und das große Missverständnis ist ob dieser Entwicklung ein ähnlich emotionaler Höhepunkt wie jener zweite Kinofilm um den kleinen Kobold. Erzählerisch nicht immer präzise, aber voller situativer Komik, charmanten Momenten und letztlich viel Zärtlichkeit: Ein mindestens so spaßiger wie schöner Film über Zugehörigkeit und Zusammenhalt.
































































































































































































































